Franz Liszt wurde zeitlebens als romantischer Zauberer verehrt, dessen virtuoses Klavierspiel das Herz vieler Frauen höher schlagen ließ. Darüber wird oft vergessen, dass Liszt auch einer der großen Erneuerer der Musikgeschichte war, der nach eigener Aussage den Ehrgeiz hatte, seinen „Speer in die unendlichen Räume der Zukunft zu schleudern“. Vor allem in seinen späten Kompositionen weist die zunehmende Dissonanz auf die Atonalität Arnold Schönbergs voraus. Ein Werk wie „La lugubre gondola“ (Die Trauergondel) blieb bis weit ins 20. Jahrhundert hinein unverstanden. Die Version für Klaviersolo von „Via crucis“, Liszts ehrgeizigem Werk über Kreuzweg und Grablegung Christi, musste bis 1980 auf seine Veröffentlichung warten. Reinbert de Leeuw, der vor allem als Pianist und Dirigent zeitgenössischer Musik bekannt ist, hat in den Niederlanden schon früh eine Lanze für Liszts Spätwerk gebrochen. Zusammen mit der Geigerin Vera Beths sorgte er für die Welturaufführung von „La Notte“ in der Version für Klavier und Violine. „Via crucis“ gehört zu den Lieblingswerken von de Leeuw. In einem Interview bezeichnete er ein D an der vierten Station des Kreuzwegs „als die schönste Note aus der Musikgeschichte“.
Programm
Franz Liszt:
La lugubre gondola I
La lugubre gondola II
Die Zelle in Nonnenwerth
La notte
Via Crucis. Der Kreuzweg
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