Die Stücke der US-amerikanischen Komponistin Holly Herndon entstehen mit Hilfe ihres Laptop und ihrer Stimme. Die postdigitale Ästhetik, die in ihren Stücke und Videos formal und inhaltlich aufgegriffen wird, reflektiert das komplexe Verhältnis zwischen Menschen und Computern.
Holly Herndon fragt nach den virtuellen Welten, die uns umgeben und zu denen wir mittels Smartphones, Laptops und den Interfaces der Zukunft ununterbrochen Zugang haben. Und sie fragt nach der Trennlinie, die unser vermeintlich wirkliches Dasein von unserer virtuellen Existenz scheidet, und wie lange diese Grenze überhaupt noch von Bedeutung sein wird.
Sie nutzt ihre Stimme und ihren Atem, um beide in ein Verhältnis zu ihren virtuellen Instrumenten zu setzen. Dabei entstehen Kompositionen, die Klänge in kleinste Fragmente zerstückeln und neu zusammensetzen. Das Referenzspektrum reicht dabei von IDM-Vorreiter Aphex Twin bis hin zur Tradition der US-Minimalisten um Steve Reich und Terry Riley.
Ihr Konzert wird von einer aufwändigen Videoshow flankiert, die die Diskurse einer postdigitalen Welt aufnimmt und verarbeitet.Holly Herndon, geboren in Tennessee, lebt und arbeitet in San Francisco. Dort arbeitet sie am Stanford Center for Computer Research in Music and Accoustics als Doktorandin. In ihrer Musik beschäftigt sie sich mit den Möglichkeiten und Überschneidungen der elektronischen Musik sowie des Songwritings. Holly Herndon hat bisher zwei Alben veröffentlicht, ihr Debüt „Movement“ erschien 2012, der Nachfolger „Platform“ 2015.
Sie nutzt für ihre Musik Einflüsse aus Trance und Dance, aber auch disjunktive Sampling-Techniken der Avantgarde. Zudem ist ihre Musik geprägt durch ihre Berliner Zeit, als sie Teil der Minimal Techno Szene war. Für Platform arbeitete Herndon mit einer Vielzahl von Kollaborateuren zusammen, etwa dem Komponisten und Drag-Performer Colin Self, der Sopranistin Amanda DeBoer Bartlett oder dem holländischen Designstudio Metahaven. Mit der Wahl dieser Partner ging es ihr nicht nur um die entstandene Musik, sondern auch um die Diskussion von Themen wie etwa systemischer Ungleichheit, des Überwachungsstaats oder auch Neofeudalismus innerhalb des Arbeitsprozesses.
Dementsprechend ist Holly Herndons Musik ein musikalischer Kommentar über unsere digitale Gegenwart.