Anton Batagov

Konzerte im Maschinenhaus

Die angesehene Wochenzeitschrift Newsweek beschreibt Anton Batagov als „eine der wichtigsten und ungewöhnlichsten Figuren der zeitgenössischen russischen Musik“. Nachdem er 1986 den renommierten Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb gewonnen hatte, machte der russische Pianist und Komponist das Publikum seiner Heimat mit der Musik amerikanischer Komponisten wie John Cage, Morton Feldman, Steve Reich und Philip Glass vertraut. Aufgrund seiner post-minimalistischen Kompositionen nannte die Los Angeles Times Batagov „einen russischen Terry Riley“.

In seinem neuen Konzertprogramm verbindet er Philip Glass’ Musik für den Film „The Hours“ mit Klavierwerken von Johann Pachelbel. Drei Jahrhunderte trennen den amerikanischen Minimalisten von dem deutschen Barockkomponisten. Und doch haben ihre Werke sehr viele Gemeinsamkeiten. Beide Komponisten bauen ihre Musik auf einfachen Akkordfolgen auf, die fortwährend wiederholt werden. Um diese repetitiven Harmoniemuster schreiben sie Variationen, in denen immer neue Melodien und Texte emporkommen, die ganz langsam ihr Geheimnis preisgeben.

Anton Batagov über Philip Glass:
„Die Protagonisten aus dem Film „The Hours“ trennt mehrere Jahrzehnte, aber durch die Geschehnisse des Films sind sie unausweichlich miteinander verbunden. An der Oberfläche scheint es, dass sie erfolgreiche Leben führen; „es geht ihnen gut“. Aber tief im Innersten leiden sie an Verzweiflung und Disharmonie, und dieses Leiden führt sie zum Suizid. Philip Glass‘ Musik für den Film ist eine Reise durch das Labyrinth der Sorgen, aus dem es keinen Ausweg gibt. Sie klingt einfach und lässt sich wiedererkennen, hat aber gleichzeitig ein starkes Mitgefühl für die Figuren. Die Musik überträgt das Gefühl des im-Labyrinth-Lebens auf uns alle. Wir möchten unser Leben ändern, wissen aber nicht, wie. Und in diesem Zustand ziehen Stunden, Jahre, und Jahrzehnte an uns vorbei.”

Anton Batagov über Johann Pachelbel:
„Der deutsche Komponist und Organist Johann Pachelbel (1653-1706) war zu seiner Zeit so erfolgreich wie die Rockstars des 20. Jahrhunderts. Schon zu Lebzeiten erfreute er sich größter Beliebtheit. Nachdem seine Frau und sein Sohn an der Pest gestorben waren, war die erste von ihm veröffentlichte Komposition seine „Musicalische Sterbensgedanken“. Ab dem Zeitpunkt beschäftigten sich die meisten seiner Kompositionen mit dem Thema Tod. Schrittweise erlangt der Zuhörer bei dieser Musik davon Bewusstsein, dass der Tod nicht das Ende der Existenz ist. Ganz im Gegenteil: Der Tod ist der Eintritt in einen Raum, in dem es kein Leiden mehr gibt, keine Verwesung und keine Angst. Stattdessen ist dieser Raum gefüllt mit Licht und Liebe und sonst nichts. Unser Leben ist nur die Vorbereitung auf den Übergang, die Vorfreude auf diesen Moment. Wir bereiten uns vor, lernen, wie es sich dort leben lässt. Um dann, um dorthin zu kommen, den Test zu bestehen: Wir müssen sterben.”

 

Philip Glass (1937-)

Music from the film „The Hours“ (Piano arrangement by Michael Riesman / Nico Muhly / Anton Batagov)

Johann Pachelbel (1653-1706)

Chaconne in D major
Fantasia in D minor
Chaconne in C major
Fantasia in A minor
Alle Menschen Müssen Sterben

 

Eine Produktion der Ruhrtriennale.